San Francisco: Chinatown
Durch das reich verzierte Drachentor Bush / Ecke Grant Street betreten Sie eine eigene Stadt innerhalb der Stadt: mit ca. 75.000 Bewohnern ist San Franciscos Chinatown noch vor New York die größte asiatische Gemeinde in den USA. Obwohl zwar heute viele Chinesen über die ganze Stadt verteilt leben, ist Chinatown doch das Zentrum der chinesischen Gemeinde geblieben, und abseits der touristischen Hauptmeile Grant Avenue spielt sich in den Garküchen, Läden, Wäschereien, Tempeln und Glückskeksbäckereien nach wie vor lebendiger chinesischer Alltag ab.
Wer heute durch das bunte Treiben den Stadtteil spaziert, kommt nicht auf den Gedanken, daß Chinatown früher als Rotlichtbezirk mit Glücksspiel und Opiumhöhlen ein übel beleumundetes Viertel war und eigentlich als Ghetto begonnen hatte: nach dem Abflauen der Goldrausches, der die erste chinesische Zuwanderungswelle ausgelöst hatte, und den folgenden ökonomischen Krisen, empfand man die um 1875 ca. 46.000 ansässigen Chinesen als Bedrohung. Sie wurden zur „Gelben Gefahr“ gestempelt, in ein Ghetto – das heutige Chinatown – zusammendrängt, und hatten neben absurden rechtlichen Schikanen, wie z. B. einer Zopfsteuer, auch immer wieder gewalttätige Ausschreitungen gegen ihre Gemeinde zu erdulden. Dabei war ganz schnell vergessen, daß es gerade die Knochenarbeit der schlecht bezahlten kulis war (ku li, chinesisch für „bittere Arbeit“) , die unter anderem den Bau der transkontinentalen Eisenbahn überhaupt erst ermöglichte.
Nachdem Chinatown beim großen Erdbeben 1906 fast restlos zerstört worden war, bauten die Chinesen ihr Viertel recht schnell an der selben Stelle wieder auf und kamen damit den Plänen der Stadt zuvor, das Chinesenviertel an den unattraktiven Stadtrand abzuschieben. Damit ist Chinatown bis heute das einzige Immigrantenviertel, das seine ursprüngliche Lage behalten hat. Erst in den vierziger und fünfziger Jahren dieses Jahrhunderts wurden Stück für Stück die Diskriminierungsgesetze gegen die Chinesen aufgehoben und damit der Weg zu einer Integration geebnet.
Chinatown lässt sich eigentlich nur zu Fuß erkunden. Für einen für einen Spaziergang bietet sich als Ausgangspunkt San Franciscos älteste Straße, die Grant Avenue, an, ehemals Calle de la Fundación. Später in Dupont Street umbenannt, wurde aus ihr schließlich 1906 die Grant Avenue. Mit der Namensgebung nach dem US-Präsidenten Grant sollte die Straße, die früher mit Bordellen gesäumt war, respektableres Flair gewinnen.
An der Kreuzung Grant Avenue / California Street lädt der kleine Park St. Mary’s Square zu einer Verschnaufpause ein. Die 1854 errichtete katholische Kirche St. Mary’s war eines der wenigen Gebäude, das beim Erdbeben 1906 nicht zerstört wurde, wohingegen die umliegenden Bordelle und Spielhöllen allesamt dem Beben zum Opfer fielen.
Anschließend können Sie über die Sacramento und Commercial Street bis hin zum historischen Zentrum des Viertels, dem Portsmouth Square schlendern, den ein Denkmal des einstmals hier ansässigen Romanautors Robert Louis Stevenson ziert. Heute ist der Platz hauptsächlich von älteren Herrn bevölkert, die hier ihre täglichen Tai Chi-Übungen absolvieren oder Mah-Jong spielen.
Sehenswert ist eine Ecke weiter die ehemalige chinesische Telefonzentrale – heute Bank of Canton – an der Washington Street 743, die 1909 im Pagodenstil erbaut wurde. Zur Stärkung nach Ihrem Rundgang empfiehlt sich der Besuch eines der vielen Restaurants in Chinatown.
Lage: zwischen Kearny, Mason, Bush und Broadway Str.