Castro

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8. Juni 2017 uwefreund

San Francisco - Castro

San Francisco: Castro

Rund um die Castro Street, zwischen dem Mission District und Twin Peaks liegt das Zentrum des gay life. Wie in keiner anderen amerikanischen Stadt ist in San Francisco die Schwulen- und Lesbenszene präsent und  – mit einem geschätzten Anteil von mindestens 10 bis 15 Prozent an der Gesamtbevölkerung – auch als politischer Faktor nicht wegzudenken.

Warum gerade San Francisco zum Sammelpunkt schwulen Lebens wurde, mag nach Ansicht einiger Historiker seinen Ursprung um 1849 in der Zeit des Goldrausches haben, als die Stadt als Mekka für Abenteurer und Glücksritter wenig „law and order“, aber viele Freiheiten jenseits der bürgerlichen Moral bot –  der entscheidende Zuzug schwuler Männer erfolgte jedoch nach dem zweiten Weltkrieg. Nachdem San Francisco Ausgangspunkt militärischer Operationen der US-Marine im Pazifik war,  wurden nach Ende des Krieges viele der Soldaten aufgrund ihrer Homosexualität unehrenhaft entlassen. Mit dem unübersehbar in den Pass gestempelten „H“ gebrandmarkt, waren Diffamierung und Arbeitslosigkeit vorprogrammiert, so dass vielen die Entscheidung leicht fiel, in der Stadt zu bleiben.

Im Zuge der Revolten der sechziger Jahre, gelang es auch der gay community, ihre Belange stärker zu artikulieren und durchzusetzen: 1977 wurde mit Harvey Milk der erste sich öffentlich zu seiner Homosexualität bekennende Politiker ins Stadtparlament gewählt. Dass Milk und der liberale Bürgermeister George Moscone ein Jahr später von dem Ex-Polizisten Dan White erschossen wurden, belegt drastisch, wie hart die Akzeptanz schwuler Lebensweise erkämpft ist.

Als der Mörder der beiden dann zu einer geringen Strafe mit „Haftverbüßung zu „Hause verurteilt wurde, brach ein Sturm der Entrüstung los.

In den Zeiten von AIDS, das in San Francisco besonders viele Opfer gekostet hat und noch kostet, ist es die gay community, die einer breiten Öffentlichkeit gegenüber mit Initiativen wie dem Names Project auf die Opfer aufmerksam macht, und auf die mangelnde finanzielle Unterstützung durch die Regierung im Kampf gegen die Immunschwächekrankheit hinweist.

Die niedrigen Grundstückspreisen Anfang der siebziger Jahre ließen viele gays beiderlei Geschlechts von der auseinanderbrechenden Alternativszene der Haight Ashbury ins Castro übersiedeln, was schließlich dazu führte, dass Castro District zu  der Hochburg schwulen Lebens wurde. Eine Renovierungstätigkeit der vielen viktorianischen Häuser setzte ein, die auf dem derzeitigen Immobilienmarkt astronomische Preise erzielen. Ironischerweise waren die Häuser, die heute mit Regenbogenflaggen bestückt stolz auf den schwulen Charakter des Viertels verweisen, davor überwiegend von  irischen, also erzkatholischen Einwanderern bewohnt.

Neben vielen Bars, Cafés, Boutiquen und Buchläden kann die Castro Street noch mit einem architektonischen Glanzpunkt aufwarten: dem verschwenderisch ornamentierten Filmpalast aus den zwanziger Jahren, dem Castro Theatre.

Verkehrsmittel: Busse: 8, 24, 33, 35, 37. Muni: F, K, L, M

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